Ariocarpus fissuratus (K. Schumann 1894)

 
 
 
 
 
 
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Beschreibung:

 

Synonyme: Ariocarpus fissuratus fa. gracilis, var. intermedius, ssp. / var. lloydii und ssp. pailanus, Ariocarpus intermedius, Ariocarpus lloydii und var. major, sowie unter den Gattungsnamen Anhalonium (u. a. Anhalonium engelmannii), Mammillaria und Roseocactus (u. a. Roseocactus intermedius);
Heimat: Mexiko (Östl. Chihuahua, Coahuila, östl. Durango und nördl. Zacatecas; nach E. F. Anderson (2005) auch in Nuevo Leon und Tamaulipas) und südwestl. USA (Südwestl. Texas; im Gebiet des Big Bend, sowie wenig nach Nordwesten (Hudspeth County), nördl. bis in die Umgebung von Fort Stockton (evtl. noch etwas weiter gen Nordosten) und östl. in einem schmalen Streifen entlang des Rio Grande bis ca. zum Rio Pecos und evtl. noch weiter gen Südosten bis ca. Laredo); oft auf flachen, steinigen Hügelkuppen, auch auf Ebenen und schwach geneigten Hängen, bevorzugt rein mineralische, kalkhaltige (selten gipshaltige) Substrate (sehr selten auch auf humushaltigen Böden) in ca. 500m-1500m Höhe;
Wuchsform: meist einzeln (selten sprossend und dann mittelgroße, klumpenförmige Gruppen aus bis zu 10 Trieben bildend); Körper graugrün bis bräunlich-grau (alte Warzen gelblich werdend), rosettenförmig, flach bis (insb. bei "var. lloydii") gedrückt-kugelig, der Scheitel leicht eingesenkt und dicht mit weißlicher bis gelblicher Wolle bedeckt, der Körper vollständig in Warzen aufgelöst, diese seitlich abspreizend, dachziegelartig angeordnet, dicht stehend, dreiseitig, oben abgeflacht bis leicht nach oben gewölbt, die Oberfläche oft deutlich gefurcht (mit zahlreichen Querfurchen, oft mit 2 Längsfurchen parallel der Warzenränder ("var. lloydii" nicht oder nur wenig gefurcht, insb. die seitlichen Längsfurchen fehlen), sowie mit einer meist deutlich ausgeprägten, zentralen Längsfurche, welche die Areole trägt), die Spitze (mehr oder weniger deutlich) gerundet, bis 2cm lang und bis 2,5cm breit, in eine dicke Rübenwurzel übergehend, ebenerdig oder nur wenig über die Erdoberfläche hervorragend (selten bis 10cm hoch) und bis ca. 20cm ("var. lloydii" bis 30cm) im Durchmesser;
Bedornung: Areolen in Form einer zentralen Längsfurche auf den Warzen sitzend, diese an oder etwas unterhalb der Warzenspitze beginnend (bei "var. lloydii" sich nur über die untere Hälfte der Warze erstreckend), dicht mit kurzer, (schmutzig-)weißer bis leicht gelblicher Wolle bedeckt, oft zur Basis hin etwas breiter werdend, bis 2cm lang und bis 4mm breit; Dornen nicht vorhanden (allerdings besitzen Sämlinge nahe des Scheitels 3-4 haarartige Dornen, die später verschwinden);
Blüte: (hell- bis intensiv oder selten weißlich-)rosa bis pink, teils mit etwas dunklerer Mitte oder / und die Ränder der Blütenblätter heller bis weißlich, glocken- bis trichterförmig, mit über 30 Blütenblättern, deren Ränder manchmal leicht gefranst, scheitelnah, bis 4,5cm lang und bis 5cm im Durchmesser; die Blütezeit am heimatlichen Standort reicht von September bis November;
Frucht: (grünlich-)weiß bis weißlich-rosa, elliptisch(-zylindrisch) bis keulenförmig, bis 2,4cm lang und bis 1cm im Durchmesser; bis zur Reife vergehen ca. 6-9 (oder mehr) Monate; Samen glänzend schwarz, kugelig bis eiförmig, grobwarzig, bis 2,5mm lang;
Bemerkungen:

Die hier vorgestellte, sehr charakteristische Art wird in den USA (u. a.) auch "Living Rock" (dt.: "Lebender Stein") genannt. Dieser Name ist sehr passend, denn die Warzenoberflächen von Ariocarpus fissuratus erinnern in Farbe und Struktur oft an das umgebende Gestein (allerdings nur am heimatlichen Standort; in Kultur sind die Pflanzen meist dunkelgrün gefärbt). Dank des großen Verbreitungsgebiets sind die Pflanzen allerdings ziemlich variabel. Besonders auffällig sind jene Formen, die im südlichen Bereich des Verbreitungsgebiets vorkommen. Diese oft als eigene Varietät ("var. lloydii") geführten Pflanzen unterscheiden sich recht deutlich von den typischen Formen (u. a. werden sie größer, die Oberflächen der Warzen sind kaum gefurcht und die Areolen erstrecken sich nur über die untere Hälfte der Warzen). Allerdings kommen im Übergangsgebiet zur "var. lloydii" auch Pflanzen vor, deren Merkmale zwischen denen der typischen Form und der "var. lloydii" liegen (diese werden bisweilen als "var. intermedius" bezeichnet). Während manche Autoren (z. B. L. Kunte + V. Sedivy (in Kaktusy special 2/2002) und W. van Heek + W. Strecker (2008)) die "var. lloydii" anerkennen (und die "var. intermedius" als Synonym zu dieser stellen), verweigern E. F. Anderson (2005) und D. Hunt (2006) jenen Varietäten die Anerkennung. So weist E. F. Anderson (2005) auf den fließenden Übergang zwischen den Formen hin. Aus diesem Grund stellen beide Autoren die entsprechenden Namen als Synonyme zu Ariocarpus fissuratus (und damit auch wir hier). In den 1980er Jahren wurden zudem ähnliche, jedoch deutlich kleiner bleibende Pflanzen im nördlichen San Luis Potosi gefunden und als "Ariocarpus fissuratus var. hintonii" beschrieben. Während manche Autoren jene Pflanzen noch immer als Varietät oder Unterart des hier vorgestellten Ariocarpus fissuratus führen (siehe Kaktusy special 2/2002 und W. van Heek + W. Strecker (2008)), sehen E. F. Anderson (2005) und D. Hunt (2006) darin eine Unterart des im südlichen San Luis Potosi vorkommenden und Anfang der 1990er Jahre beschriebenen Ariocarpus bravoanus (der von L. Kunte + V. Sedivy (in Kaktusy special 2/2002) ebenfalls als Unterart von Ariocarpus fissuratus geführt wird).

Ariocarpus fissuratus wurde in der Vergangenheit für medizinische und kultische Zwecke genutzt. Nach E. F. Anderson (2005) wurde die Art von den Tarahumara für ihre Zeremonien genutzt, obwohl sie keine psychoaktiven Alkaloide enthalte. H. Hecht (1991) schreibt allerdings, die Art enthalte das Alkaloid Hordenin und ihre Wirkung sei der des Peyotl (Lophophora spec.) ähnlich. Auch A. M. Powell + J. F. Weedin (2004) widersprechen E. F. Anderson (2005). Ihnen zufolge enthält Ariocarpus fissuratus zwar kein Mescalin (jene Substanz, für welche die Arten der Gattung Lophophora bekannt sind), aber dafür andere Alkaloide mit psychoaktiver Wirkung. Darüber hinaus erwähnen sie, dass der Pflanzensaft zur Behandlung von Tuberkulose benutzt wurde, dass getrocknete Scheiben zur Behandlung von Fieber eingesetzt wurden und dass die Pflanzen zerkaut und dann auf oberflächliche Wunden gelegt wurden, um deren Heilung zu unterstützen. Auch sollen die Alkaloide von Ariocarpus fissuratus die Ausdauer und die visuellen Fähigkeiten von Langstreckenläufern steigern und von Indianern (Tarahumara?) entsprechend genutzt worden sein. Trotz der Nutzung durch den Menschen gilt Ariocarpus fissuratus als nicht gefährdet, da die Art ein großes Verbreitungsgebiet besitzt, innerhalb dessen sie recht häufig ist. Allerdings wurden einige Standorte (vor allem der als "var. lloydii" bezeichneten Form) in der Vergangenheit stark dezimiert. Wie alle Arten der Gattung Ariocarpus steht auch Ariocarpus fissuratus unter dem besonderen Schutz des Anhang I des Washingtoner Artenschutzabkommens.

In Kultur gilt Ariocarpus fissuratus als nicht ganz einfach. Die Pflanzen bevorzugen einen vollsonnigen und während der Vegetationsperiode sehr warmen Standort. Das Substrat sollte dabei sehr durchlässig und rein mineralisch sein. Auch wird der Zusatz von Kalkstein empfohlen. Trotzdem muss man mit dem Gießen vorsichtig sein - besonders im zeitigen Frühjahr und im Spätherbst. Staunässe ist unbedingt zu vermeiden. Die Überwinterung erfolgt trocken und kühl, jedoch frostfrei. Ariocarpus fissuratus ist für die Kultur am Fensterbrett nicht geeignet.

Literatur: E. F. Anderson (2005), S. 73; E. Haustein (1998), S. 256 f.; H. Hecht (1991), S. 222 f. (als "Roseocactus"); D. Hunt (2006), S. 27 (Abb. 363.6 + 364.1-2); Kaktusy special 2/2002, S. 22 ff.; G. + A. Konings (2009), S. 26 f.; KuaS 10/1989, Karteikarte 1989/29; KuaS 3/1997, S. 53 ff.; B. + S. Loflin (2009), S. 204 f.; A. M. Powell + J. F. Weedin (2004), S. 317 ff.; R. + K. Preston-Mafham (1995), S. 15; W. van Heek + W. Strecker (2008), S. 85 ff.;